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Text File  |  1998-04-12  |  8KB  |  133 lines

  1. #Titel Lifestyle/ Literatur/ Adams: Das Dilbert Prinzip
  2. #Logo Gadget35:Pinsel/AG.Lifestyle
  3. #Font Losse 16
  4. #C31
  5.       Scott Adams: Das Dilbert Prinzip
  6. #Font topaz 8
  7.  
  8. #C10
  9. Verlag :  verlag moderne industrie, Landsberg   Genre   :  Satire
  10. ISBN   :  3-478-35630-X                         Preis   :  49.00 DM
  11. Autor  :  Scott Adams                           Titel   :  Das Dilbert Prinzip
  12.  
  13. #C21
  14. Hollywood will uns glauben machen, ein echter Held müsse mindestens im
  15. Alleingang ein Dutzend Kriegsgefangene aus Vietnam befreit, eine Traumkarriere
  16. vom Tellerwäscher bis zum Millionär hingelegt und im Kampf gegen außerirdische
  17. Monster bestanden haben. Wer einmal in einem Bürojob gearbeitet hat, weiß
  18. dass das Unfug ist. Der eigentliche Horror ist nicht der als solcher
  19. unmittelbar erkennbare Schrecken. Er lauert vielmehr weitaus subtiler in
  20. den Konferenzen, den Firmenmemos, Umstrukturierungsplänen und
  21. Marketingstrategien, mit denen der typische "9 to 5"-Büromensch Tag für Tag
  22. konfrontiert wird. Jeder, der einmal einen derartigen Beruf ausgeübt hat, wird
  23. das bestätigen können. Gegenüber der Herausforderung, diese Hölle bei halbwegs
  24. klarem Verstand zu überleben, wirken Rambos Abenteuer wie ein Kindergeburtstag,
  25. der Terminator wie das Duracel-Trommel-Plüschhäschen. Noch schlimmer als in
  26. deutschen Landen, wo man dafür aber ein Stückchen bürokratieverliebter ist,
  27. präsentiert sich die Situation in den USA. Dem Land, das die Massentierhaltung
  28. in Form sogenannter "Großraumbüros" unmittelbar auf den Menschen übertragen
  29. hat, will bekanntlich in allen Bereichen führend sein. Glaubt man Scott Adams,
  30. der siebzehn Jahre eine Zelle in den Großraumbüros verschiedener Firmen (u.a.
  31. der Telefongesellschaft Pacific Bell) hatte, so sind sie es wohl auch auf
  32. diesem Gebiet.
  33.  
  34. #C10
  35. "Reporter stehen täglich vor der Wahl, einen Sachverhalt entweder gewissenhaft
  36.  zu recherchieren oder einfach zu schreiben, was die Leute ihnen erzählen.
  37.  Beide Ansätze sind gleich erfolgreich."
  38. #C21
  39.  
  40. Alles begann mit einer Comicfigur, die Adams angeblich in langweiligen
  41. Konferenzen zur eigenen Zerstreuung erfand: Dilbert, ein typisches
  42. Gesicht aus der amorphen Masse des Heeres der Angestellten. Dem "kantigen
  43. Strichmännchen" (Klappentext des Buches) stellt Adams verschiedene andere
  44. Figuren zur Seite - Wally, den spießigen Kollegen von nebenan, bei dem man
  45. nie so recht weiß, ob er nur zurückhaltend ist oder ob sich hinter der
  46. völlig unscheinbaren Fassade ein dunkles Geheimnis verbirgt, und den
  47. (namenlosen) Manager, der schon äußerlich mit seinen abstehenden Haarbüscheln
  48. unzweifelhaft eine Witzfigur ist. Außerdem ergänzt Adams die Protagonisten
  49. seiner Comic Strips immer wieder durch Tiere in menschlichen Positionen - ganz
  50. wie in der klassischen Fabel. Zu nennen wären hier vor allem Ratbert, die
  51. Ratte, und Dogbert, der Hund. Sie allen bevölkern die Schwarz-Weiß-Zeichnungen,
  52. in denen der Amerikaner Adams seine Erfahrungen mit den Absurditäten des
  53. Büroalltags verarbeitet. Dabei besitzen Dilbert & Co. keine festen Charaktere,
  54. keine einheitlichen "Lebensläufe" - sie werden vielmehr situationsbedingt
  55. immer wieder neu erfunden. So ist Dilbert zwar in der Regel ein kleiner
  56. Angestellter. Manchmal wird er jedoch auch in den Manager-Stand erhoben oder
  57. mutiert zum Buchhaltungsmonster. Die skurrilen Comics, die grundsätzlich aus
  58. nie mehr bis zu zehn Bildern bestehen, trafen scheinbar einen Nerv der
  59. US-Büroarbeiter. Ihre Veröffentlichung in diversen Zeitungen wurden ein
  60. riesiger Erfolg - heute drucken über 1.550 Presseerzeugnisse die Geschichten
  61. um Brillenträger Dilbert ab. In unzähligen e-Mails berichteten Leidensgenossen
  62. Scott Adams (scottadams@aol.com) von bizarren Erlebnissen im eigenen Alltag,
  63. aus dem Dilbert-Erfinder wurde der Held des kleinen Angestellten. Und so kam
  64. es, wie es kommen mußte - Adams schrieb (und zeichnete) ein Buch - "Das
  65. Dilbert Prinzip". Denn offensichtlich handelte es sich bei den von ihm
  66. zeichnerisch dokumentierten Erlebnissen nicht um eine Singularität. Das
  67. Chaos hat Prinzip.
  68.  
  69. "Das Dilbert Prinzip" besteht aus sechsundzwanzig Kapiteln - plus einem Vorwort
  70. und einer Einleitung. Jedes Kapitel beschäftigt sich mit einem ganz bestimmten
  71. Teilbereich der büroimmanenten Schrecken, wie z.B. dem "Unternehmensberater",
  72. der "Finanzplanung", "ISO 9000" und dem "Reengineering". Der Aufbau ist
  73. dabei immer gleich: In den eigentlichen Text eingestreut finden sich zum
  74. Thema passende "Dilbert"-Strips. Abgerundet wird das ganze jeweils durch
  75. e-Mails von (anonymisierten) "Dilbert"-Fans, durch die die ausnahmslos
  76. wunderbar sarkastischen Vermutungen des betreffenden Kapitels schonungslose
  77. Bestätigung erfahren. "Das Dilbert Prinzip" ist von der Konstruktuion her
  78. somit definitv kein Roman, es ist aber auch kein Sachbuch. Vielmehr bedient
  79. sich Adams der (scheinbar) nüchternen Sprache des letzteren und wichtiger
  80. Elemente der Erzählung, wie z.B. der identifikationsstiftenden Figur des
  81. "Helden" und wiederkehrender Nebendarsteller, um ein eigenständiges neues
  82. zu schaffen. Dabei behält er stets einen freundlichen Plauderton bei, nicht
  83. ohne in den vordergründig harmlosen Sätzen im Halbsatzrhythmus satirische
  84. Spitzen abzufeuern. Das erinnert des öfteren frappant an den
  85. ScienceFiction-Kultautor Douglas Adams, zum Teil scheint sein amerikanischer
  86. Namensvetter von diesem sogar unmittelbar Ideen zu "entleihen" (wie etwa
  87. die Bezeichnung des Menschen als auf Kohlenstoff basierender Lebensform).
  88. Das ganze wurde von Markus Schurr und Wolfram Ströhle brilliant ins Deutsche
  89. übersetzt.
  90.  
  91. #C10
  92. "Vielleicht kennen Sie die Redensart: Wenn man tausend Affen mit tausend
  93.  Schreibmaschinen in ein Zimmer sperrt und lange genug wartet, hat man zuletzt
  94.  ein Zimmer voller toter Affen. (Hinweis: Probieren Sie doch mal, die Affen zu
  95.  füttern.) Die schriftliche Gruppenarbeit ist einem Zimmer voller toter
  96.  Affen sehr ähnlich, nur nicht so witzig."
  97. #C21
  98.  
  99. Das 330 Seiten starke Buch ist ein einziges Lesevergnügen von der ersten Seite
  100. an bis - fast - zum furiosen Ende. Muß man sonst immer mühsam nach Textstellen
  101. suchen, die eines Zitates würdig erscheinen, springt einem hier praktisch in
  102. jedem Absatz eine gelungene Pointe ins Auge. Lediglich das letzte Kapitel, in
  103. dem Adams etwas krampfhaft ein eigenes (aber natürlich nicht ernst gemeintes)
  104. "Unternehmensmodell" zu entwickeln versucht, fällt gegenüber dem Rest des
  105. Buches deutlich ab. In diesem gibt es dafür umso mehr zu lachen, wobei sich
  106. der Humorfaktor in geschriebenem Text, Comic und dokumentierten e-Mails im
  107. großen und ganzen die Waage hält. Mit sich selbst und auch mit dem Leser geht
  108. der Autor ironisch ins Gericht. Und mit bemerkenswert gelungenen Fußnoten macht
  109. sich Adams gleichzeitig noch über so manche Unart der Zunft der Buchautoren
  110. lustig. Am "Dilbert Prinzip" zu bemängeln wäre vielleicht, dass sich manche
  111. Zeichnungen wiederholen. Ausserdem sind sie - im Gegensatz zum auch von der
  112. Schriftgröße her gut lesbaren Text - äußerst klein geraten, so dass derjenige,
  113. der ihre Dialoge entziffern kann, mit Sicherheit keine Brille braucht. Oder
  114. schon eine hat. Und wenn nicht, wäre "Das Dilbert Prinzip" der geeignete Anlaß,
  115. sich eine zuzulegen. Denn die Erkenntnisse, die Adams für seine These von der
  116. unaufhaltsamen Karriere der Inkompetenz verarbeitet hat, dürften jedem bekannt
  117. vorkommen, der einmal in einem ähnlichen Beruf arbeiten mußte. Aber auch allen
  118. anderen dürfte der trockene Humor, mit dem "Dilbert" und sein Schöpfer die
  119. Grausamkeit des Großraumbüros meistern, "die endgültige Wahrheit über Chef,
  120. Konferenzen, Manager und anderen Martyrien", wie der
  121. Untertitel der deutschen Übersetzung ankündigt, einen
  122. Heidenspaß bereiten. Denn letztlich steckt in jedem
  123. wohl ein kleiner "Dilbert".
  124. #Y-33
  125. #Pinsel gadget35:Pinsel/an rechts
  126. #Seitenende
  127. #Y+65
  128. #C10
  129. "Heutzutage kann offenbar jeder Idiot mit einem Laptop ein Wirtschaftsbuch
  130.  zusammenschreiben und damit Kohle machen. Darauf hoffe ich natürlich auch.
  131.  Es wäre wirklich eine herbe Enttäuschung, wenn sich der Trend änderte, bevor
  132.  dieses Meisterwerk in Druck geht."
  133.